Start nach Ostern Bonner Hausärzte bereiten sich auf Corona-Impfungen vor

Bonn · Nach Ostern impfen die Hausärzte mit. Bevor es soweit ist, müssen die Bonner Praxen viel vorbereiten. Sie durchsuchen ihre Patientenakten, um zu entscheiden, wer priorisiert geimpft wird. Und das Telefon steht nicht still.

 In der Beueler Praxis Hausärzte am Rhein erklärt Johannes Just welche Mittel im Fall von allergischen Reaktion auf die Impfung gespritzt werden müssen.

In der Beueler Praxis Hausärzte am Rhein erklärt Johannes Just welche Mittel im Fall von allergischen Reaktion auf die Impfung gespritzt werden müssen.

Foto: Meike Böschemeyer

In den Hausarztpraxen in Bonn laufen die Vorbereitungen für den Impf-Start nach Ostern. Der erste Biontech-Impfstoff ist bei den Apotheken bestellt und soll Anfang oder Mitte nächster Woche geliefert werden. Die Corona-Impfung in Pandemiezeiten erfordert von den Medizinern mehr Zeit, Raum und Organisationsaufwand als andere Impfungen. Etwa vierzig Seiten Regelwerk haben die Hausärzte für die Umsetzung per Mail von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) bekommen.

„Ich bin damit gerade hauptberuflich beschäftigt“, berichtet Erik Sievert, der eine Praxis in Tannenbusch führt. Die Bestellung des Impfstoffes bei der Stammapotheke, die Lagerung, das Aufziehen der Spritzen, das Aufklärungsgespräch und die Terminvergabe müssen organisiert werden. Sievert durchsucht die Patientenakten und entscheidet, wer unabhängig vom Alter wegen chronischer Vorerkrankungen wie Diabetes vorrangig geimpft werden soll.

Dieter Krafft, Vorsitzender des Hausärzteverbands Nordrhein in Bonn, glaubt allerdings erst, dass es klappt, wenn die Impfdosen da sind. Die Vorbereitungen liefen gut, seien aber sehr bürokratisch. Krafft verbrachte am Wochenende Stunden damit, die E-Mail-Anhänge der KVNO zu verstehen. Außerdem muss er sich jede Diagnose der Patienten genau anschauen, um zu entscheiden, wie wichtig die Impfung für sie ist. Krafft ist froh, dass die Praxen erstmal nur den Impfstoff Biontech bekommen. „Bei Astrazeneca sind die Patienten sehr zurückhaltend“, sagt Krafft.

Erstmal 18 bis 50 Impfdosen pro Woche pro Hausarzt

Eine Arzthelferin einer Praxis in Poppelsdorf berichtet, dass sie nächste Woche erstmal im Urlaub sind und deshalb die Impfdosen für übernächste Woche bestellt haben. „Wie viele wir bekommen, steht in den Sternen“, sagt sie. Wegen der Impfstoffknappheit können Hausärzte aktuell 18 bis 50 Dosen pro Woche bei den Apotheken bestellen.

Shiva Pourvahidi wollte ihre Praxis in Holzlar eigentlich auch über die Osterferien schließen, aber am Mittwoch oder Donnerstag muss der bestellte Impfstoff entgegengenommen werden. Danach holt sie ihr Team vorzeitig aus dem Urlaub zurück. „Es ist sehr stressig“, sagt die Hausärztin. Sie sei etwas überfordert mit bis zu 30 Anrufen täglich von Patienten, die geimpft werden wollen.

„Ich muss bei jedem Einzelnen entscheiden: Darf er oder darf er nicht“, sagt Pourvahidi. „Ich gehe nach hoher Priorität vor, also zuerst über 70-Jährige mit chronischen Erkrankungen, besonders Lungen- und Krebserkrankungen.“ Der Bedarf sei groß. Bei der Entscheidung sollen sich die Ärzte an der Corona-Impfverordnung orientieren und bevorzugt gefährdete Patienten impfen. Dabei wird den Mediziner Flexibilität eingeräumt, heißt es in einer Information für Praxen von der KVNO.

Für die Corona-Impfungen hat sich Pourvahidi einen Temperaturmesser mit Alarmfunktion für ihren Kühlschrank gekauft. Der Biontech-Impfstoff halte sich darin aufgetaut und ungeöffnet 120 Stunden. Vor dem Impf-Start muss vor allem ein Problem geklärt werden: Wie kriegt die Ärztin möglichst viele Leute geimpft, obwohl sie jeden Patienten danach noch 15 bis 30 Minuten beobachten muss? Vermutlich werden einige auf dem Hof warten müssen, sagt Pourvahidi.

„Die Räumlichkeiten werden für die Innenstadt-Praxen das größte Nadelöhr sein“, sagt Johannes Just, Arzt in der Beueler Gemeinschaftspraxis „Hausärzte am Rhein“. Dort werde in den Randzeiten nachmittags geimpft. „Wir hätten gerne schon vor zwei Wochen angefangen und stehen in den Startlöchern“, sagt Just. „Wir Hausärzte kennen unsere Patienten am besten.“ Die Impfverordnung sei gut, aber es gebe Menschen, die durchs Raster fallen.

Seit Anfang der Pandemie klingele das Telefon auch ohne Impfungen ständig, erzählt Just. Deshalb sollen Patienten sich per Mail melden, wenn sie sich für impfberechtigt halten. Parallel wälzen Just und das Team die Patientenlisten. Wer eine Impfung bekommt, wird angerufen. Das Praxis-Team übt auch den Umgang mit allergischen Reaktionen. Die weitere Planung ist wegen der unsicheren Impfstoffmenge schwierig. „Ich hoffe, dass das die Woche darauf besser wird“, sagt Just. Außerdem rufen Patienten an, die über 70 Jahre alt, vorerkrankt und damit berechtigt sind, im Impfzentrum überschüssige Dosen geimpft zu bekommen.

Auch unter GA-Lesern dieser Gruppe herrscht Unsicherheit, wie sie sich anmelden können. Nach Angaben der Stadt sollen Betroffene von ihrem Hausarzt ein Attest und einen Internet-Link für die Terminbuchung bekommen. Gräfin Alexandra von Lambsdorff bemängelt, dass die Stadt genau jetzt damit beginne, wenn Ärzte in den Osterferien seien. Und Fritz Jörn, 79 Jahre alt und vorerkrankt, berichtet, dass seine Ärztin von keinem Link gewusst habe. „Rund 1500 Arztpraxen in Bonn sind über dieses Vorgehen informiert worden“, entgegnet Marc Hoffmann vom Presseamt. „Wenn die Arztpraxis urlaubsbedingt geschlossen ist, sollte man die vertretende Arztpraxis kontaktieren.“

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